Genetischer Ursprung und evolutionäres Recycling
Die Finger sind nicht auf einer völlig neuen genetischen Basis entstanden, sondern stammen aus der "Wiederverwendung" (Kooptation) einer alten Region des Fischgenoms, die ursprünglich an der Bildung der Kloake (dem Endorgan des Verdauungs-, Ausscheidungs- und Fortpflanzungssystems) beteiligt war.
Dieser Bereich des Genoms, die sogenannte regulatorische Landschaft, steuert die Aktivierung der Hox-Gene, die als echte "Architektengene" bestimmen, wo und wie sich die Körpersegmente bilden sollen.
Bei der Untersuchung und Bearbeitung des Fischgenoms stellten die Wissenschaftler fest, dass die gezielte Deletion dieses Landschaftsregulators zu einem Verlust der Expression in der Kloake, nicht aber in den Flossen führt. Dies deutet darauf hin, dass dieser Mechanismus, der in Fischen vorkommt, bei Landwirbeltieren wiederverwendet wurde, um die Finger zu erzeugen.
Die Gemeinsamkeit: Finger und Kloake sind terminale Strukturen (Enden von Gliedmaßen oder Organen), aufgrund dieses evolutionären Recyclings laut der in Nature veröffentlichten Studie.

Fossilien: Beweise für den Übergang
380 Millionen Jahre alte fossile Fische wie Elpistostege watsoni und andere Sarcopterygii zeigen bereits "Finger" (Phalangen) im Inneren ihrer Flossen.
Diese primitiven Finger wurden verwendet, um das Gewicht des Fisches in flachem Wasser oder bei kurzen Bewegungen außerhalb des Wassers zu tragen.
Die ersten Tetrapoden (Ichthyostega, Acanthostega) hatten Gliedmaßen mit 7 bis 8 Fingern, die noch wie Schwimmflügel aussahen.
Zusammenfassung
Das Auftreten der Finger ist also keine chirurgische "Erfindung" mit dem Festland, sondern das Ergebnis eines evolutionären Recyclings einer angestammten Genomregion, die ursprünglich für die Terminierung anderer Strukturen wie der Kloake genutzt wurde. Diese Zweckentfremdung in Verbindung mit der Strukturierung der Gliedmaßen bei Fischen mit fleischigen Flossen ermöglichte es unseren entfernten Vorfahren, sich allmählich an das Leben an Land anzupassen.

Dieses Ergebnis verdeutlicht den Einfallsreichtum der Evolution: Anstatt etwas von Grund auf neu zu erschaffen, recycelt sie Bestehendes und passt es ständig an neue Bedürfnisse an.